Die liegende 8
Ich habe neulich in einem Beratungsgespräch dieses Symbol vermittelt bekommen, das seitdem vor meinem inneren Auge schwebt: die seitlich liegende 8, auch ∞ - das Ewigkeitszeichen.
Es ging darum, zu illustrieren, wie in einer Beziehung Räume bewahrt werden und an welcher Stelle Gemeinsamkeit entsteht.
Ich beobachte es in meiner Partnerschaft genauso wie in den Partnerschaften, die ich in Mediationen begleite: ein Grundproblem ist, dass der/die Einzelne, ihren Raum entweder schwer wahren kann oder überzieht und dass dann sinnbildlich über die gemeinsame Mitte hinweg gewischt oder sich von ihr zurückgezogen wird.
Im Versuch gehört und gesehen zu werden in unserem Wesen, in unserer Not überschreiten wir immer mal wieder Grenzen.
Wir suchen den Kontakt und gehen damit weit von uns fort. Oder: wir ziehen uns zurück, weil wir vor der Zurückweisung des/der Anderen oder auch deren Überforderung zurück schrecken. In beiden Fällen füllen wir unseren Raum nicht aus und lassen keinen Platz für Verbindung.
Es ist wohl mit das Schwerste in einer Partnerschaft anzuerkennen, dass wir ein in sich vollkommenes Wesen zur Seite haben.
Was erst selbstverständlich klingt, ist es oft gar nicht.
Wir erhoffen uns, zumeist unbewusst, dass der/die Partner/in uns von unseren herausfordernden Gefühlen befreit und uns damit unsere (ebenfalls oft unbewussten) Bedürfnisse erfüllt. Das ist gemeint, wenn wir von Projektion sprechen.
Das Gleiche gilt für die meistens missglückten Versuche den/die Partner/in dazu zu bringen, nach unseren Vorstellungen zu agieren, zu denken oder auch zu fühlen. Das wird niemals gelingen mit einem Menschen, der, wie jeder Mensch (groß oder klein) in sich vollkommen ist.
Wo also ansetzen, wenn die Beziehung leidet und die Verbindung flöten gegangen ist?
Bei den eigenen Räumen in der gemeinsamen Unendlichkeit:
Wo fülle ich meinen Raum nicht aus und warum?
Wo überziehe ich meinen Raum und gehe in den des/der Anderen und warum?
Gegebenfalls brauchen wir dafür (therapeutische oder beratende) Hilfe, um uns durch das zu arbeiten, was an festgefahrenen Annahmen oder Reaktionen in uns aktiv ist.
∞ symbolisiert für mich auf so wunderbare Weise die Fülle der eigenen Möglichkeiten, den ganzen Platz der meiner ist und um den ich mich gut kümmern darf, damit ich in Verbindung stehe zu Anderen und insbesondere denen, die mir wichtig sind.
Ich selbst kann gut in diesen Raum hineinspüren, weil ich ihn visualisiere, und erkenne damit auch schnell, wenn ich mich zu weit in die gegenüber liegende Seite gelehnt habe.
Ich darf darauf vertrauen, dass die Menschen, mit denen ich nahe Beziehungen habe, ihren eigenen Prozess durchlaufen; dass sie, Potenzial in unsere Beziehungen bringen, das sich dann am Besten entfaltet, wenn ich sie so sein lasse, wie es ihrem Naturell entspricht. Je mehr ich mich um meinen eigenen Raum kümmere, desto klarer wird auch, wenn jemand diesen (ungefragt) betreten will.
Die liegende 8, ∞, vor Augen fällt die Harmonie auf: Energie zirkuliert, es ist ein Kreislauf ewigen Austauschs, ein Tanz zwischen zwei Seiten, der Dualität, die in Beziehungen natürlicherweise entsteht.
Wie alles, das fließt, gibt es auch Phasen der Verlangsamung, der Blockade, vielleicht sogar Stagnation. Dann kann ∞ daran erinnern, dass wir unseren eigenen Raum betrachten, Anpassungen vornehmen und von dieser Grundlage in einen erneuten Kontakt mit denen gehen, die uns wichtig sind.