Durchlässigkeit

Was für ein herrliches Gefühl: ich sitze auf einem Baumstumpf in der Morgensonne und meditiere. Ich konzentriere mich bewusst darauf, durchlässig zu sein, für all das, was aufkommt. Die Gedanken, die planen wollen, die Gedanken, die einordnen wollen, die Gedanken, die mich drängen wollen; und die dazu gehörenden Gefühle. Die Gedanken, die mich wegziehen wollen von der, die ich gerade bin; etwas verunsichert, konfus und im Grunde ängstlich.

Durchlässigkeit bedeutet für mich, dass all das sein darf, gerade die Angst. Dass sie durch meinen Körper fließen darf, bis sie sich vollständig ausgedrückt hat und in den Hintergrund weicht.

Durchlässigkeit bedeutet für mich, dass ich nicht analysiere, was sich zeigt, dass ich dem noch nicht einmal einen Namen gebe, sondern es einfach nur erlebe, eine Art Leinwand biete, in der sich die Farben und Formen bewegen, verändern, verblassen oder vertiefen.

Durchlässigkeit bedeutet für mich auch, dass ich dem Sturm entgegen treten kann, ohne dass sich seine Energie in mir verhaftet. Er weht sozusagen durch mich durch, ohne dass ich ihm entweiche und mich dagegen wehre (schütze), ihn zu empfinden.

Das ist natürlich der schwerste Part, geraden wenn man, wie ich, über Jahrzehnte Mauer und Gräben geschaffen hat, um vor der rauen Welt und Wirklichkeit sicher zu sein.

Insofern ist Durchlässigkeit auch eine Qualität, die sich ganz allmählich entfalten darf. Ich bin schnell zu verunsichern und easy anzugreifen. Natürlich bessert sich das, aber meine Grundkonstitution ist eine sehr sensitive. Da muss ich mich der Welt nicht gleich wie ein Bulldozer entgegen stellen. Entgegen stellen schon mal gar nicht, denn das ist ja das Mindset, das der Durchlässigkeit widerspricht.

Durchlässigkeit geht nur, wenn eine Verbindung zum eigenen Kern besteht. Sonst ist man überall und nirgendwo. Wenn ich mich spüre, meine Aufrichtung, meine Stabilität, meine Grundierung, dann kann ich dieser Canvas sein, der die Worte, Erlebnisse, Eindrücke, Menschen und Taten erfahren und durchfließen lassen kann, ohne sich daran zu verhaften.

Denn das ist die wesentliche Qualität der Durchlässigkeit: dass ich nicht verhaftet oder verstrickt bleibe; dass ich auf diese Welt nicht mit weiterer Empörung oder reaktiver Ängstlichkeit begegne und damit noch einen draufsetze auf die Unruhe und Unsicherheit, von der es ohnehin schon zu viel gibt. Die Schönheit und die Bedeutung der Durchlässigkeit ist es, dass ich präsent bleiben kann, egal, was sich vor mir und um mich abzeichnet und dass damit die (innere) Isolation und die nach außen gerichtete Aggression (reine Defensive) ein Ende hat.


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